Jürgen Poeschel

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15.05.2012
Erstellt von Nordwest Zeitung
Angelegt am 15.05.2012
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Klassischer Vertreter preußischer Tugenden

15.05.2012 um 22:47 Uhr von Nordwest

Jürgen Poeschel 70 Jahre alt – Ehemaliger Oldenburger Oberbürgermeister lebt in Hundsmühlen

Der Jurist kam 1986 das erste Mal nach Oldenburg. Ratschläge des Hundsmühlers sind heute noch gefragt.

Zu seinem 70. Geburtstag an diesem Dienstag hat Jürgen Poeschel nicht eingeladen – aber wissen lassen, er sei auf Gäste vorbereitet. Das ist typisch für den Mann, der Oldenburgs erster hauptamtlicher Oberbürgermeister war. Er drängt nicht in die Öffentlichkeit, akzeptiert aber Konventionen. Poeschel ist ein klassischer Vertreter preußischer Tugenden – nicht nur, weil er in Westpreußen geboren wurde.

Der promovierte Jurist kam 1986 schon mit Verwaltungserfahrung nach Oldenburg, wo er Rechts- und später zusätzlich Umweltdezernent wurde. Nach einem gescheiterten Versuch der Oldenburger CDU, mit ihm 1990 dem damals noch ungeliebten Ammerländer Thomas Kossendey das Bundestagsmandat abzuknöpfen, ging Poeschel ins sächsische Wissenschaftsministerium.

Von dort holten ihn die Christdemokraten 1996 zurück, als bei der ersten Direktwahl eines Verwaltungschefs ein Gegner für den hohen Favoriten Dieter Holzapfel (SPD) gesucht wurde. Zur Überraschung aller (auch der eigenen) siegte Poeschel – vor allem, weil die Grünen erstmals als prägende eigenständige politische Kraft agierten und Holzapfel verhinderten. Seitdem gilt der Satz, dass niemand in Oldenburg gegen die Grünen Oberbürgermeister werden kann.

Die Bürger und ihr neuer OB fremdelten; nicht nur, weil sich der Vater von vier Kindern und begeisterte Hundezüchter (Weimaraner) jenseits der Stadtgrenze in Hundsmühlen niederließ (wo er noch heute wohnt). Die Oldenburger mit ihrem Hang zum Ersatzherzog wollten einen Repräsentanten – und bekamen einen Verwaltungsfachmann, der nach der Wahl punktgenau umsetzte, was er vor der Wahl versprochen hatte: sich hauptsächlich um die Verwaltung zu kümmern.

Poeschel wiederum hatte gehofft, seine parteiübergreifende Akzeptanz aus der Dezernentenzeit hinüberretten zu können in die neue Rolle. Stattdessen fand er sich wieder in der scharfen politischen Auseinandersetzung eines parlamentarisierten Rates mit geschlossenem rot-grünen Bündnis – eine Konfrontation, die Poeschels eher wissenschaftlich ausgerichtetem Naturell zuwiderlief.

Als die Grünen fünf Jahre später über Poeschel gleichfalls den Daumen senkten, war das Ende vorgezeichnet – und dass die Grünen bei dieser Wahl wie Poeschel die Macht verloren, hat der ausgekostet. Und dass ihm in Dietmar Schütz wieder ein Verwaltungsjurist im Amt folgte, hat er mit Hegel als „List der Vernunft in der Geschichte“ apostrophiert.

Nach einem (wiederum erfolglosen) Kandidaten-Ausflug in den Nachbar-Bundestagswahlkreis konzentrierte sich Poeschel aufs Wissenschaftliche: an der Uni, als Gutachter und Berater in staats- und politikwissenschaftlichen Fragen – und festigte dabei seinen Ruf als Experte ersten Ranges. Sein Urteil etwa in Fragen von Gebiets- und Verwaltungsreform ist heute noch gefragt – auch wenn die Politik nicht immer auf ihn hört. Aber das dürfte ihn kaum überraschen.

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Übergeben am 15.05.2012 um 22:45 Uhr