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Gastwirtin von ganzem Herzen
01.03.2018 um 13:42 Uhr von NWZ
Am Freitagabend wird eine Gesellschaft mit 70 Gästen erwartet, da steht Hildegard Köhler natürlich morgens schon früh in der Küche und bereitet die Suppe vor. Sie kennt das und will das nicht anders: „Ich bin von ganzem Herzen Gastwirtin“, sagt die Seniorchefin der Waldschänke am Fernsehturm in Steinkimmen, die an diesem Montag ihren 85. Geburtstag feiert.
„Wenn ich dann vormittags in die Küche komme, hat Oma die Suppe schon fertig“, freut sich Enkelin Anja Köhler, die seit 2007 die Geschäfte des beliebten Ausflugslokals am NDR-Sender führt, über die tägliche Unterstützung durch ihre Großmutter. Die backt auch immer noch Kuchen und Torten für die Kaffeegäste – wie seit mehr als 60 Jahren.
Als 1955 mit dem Bau des Sendemastes – im Volksmund von jeher als „Fernsehturm“ bekannt – begonnen wurde, hatten Hildegard Köhler und ihr Mann Benni die Idee ihres Lebens: Das Paar, das in Steinkimmen schon den Dorfkrug mit Laden und Poststelle betrieb, errichtete einen Kiosk an der Baustelle – und die Gäste kamen in Scharen: Alle wollten das damals höchste Bauwerk Deutschlands sehen. „Das halbe Dorf hat mitgeholfen, wenn die Busse kamen“, erinnert sich Hildegard Köhler an die Anfangsjahre.
„Habt Ihr keinen Kaffee?“, fragten die Besucher bald. „Ostern 1956 hatten wir dann den ersten Raum fertig“, erzählt die Jubilarin, „mit Kaffeetheke und Kuchen, den ich abends vorher immer gebacken habe“. Nach und nach entstand um den kleinen Kiosk herum die heutige Gaststätte. „Immer wenn wir wieder was auf dem Konto hatten, haben wir angebaut“, sagt Hildegard Köhler.
Vor allem der große Spielplatz und der kleine Tierpark daneben lockten Familien von weither an. Generationen von Kindern hatten Spaß auf der großen Rutsche und den Klettergerüsten oder an den Flippergeräten unterm Dach des Pavillons. Das ist bis heute so geblieben. „Wir sind nie vergessen worden“, freut sich Hildegard Köhler. Auch der Abbau des alten Fernsehturms, der 2016 durch einen nicht mehr ganz so hohen Gittermast ersetzt wurde, hat den Reiz des Ausflugszieles in Steinkimmen nicht vermindert. Und Hildegard Köhler freut sich immer, wenn sie durch die Tischreihen geht und Gäste sie auf frühere Zeiten ansprechen.
Bei all der Arbeit hat Hildegard Köhler sich aber auch Zeit genommen für Hobbys: Bis heute gießt sie mit großem Geschick Kerzen, die im Lokal verkauft werden. Und sie liest gern und viel – „manchmal die halbe Nacht, wenn das Buch so spannend ist“, schmunzelt sie. Auch für Reisen haben sie und ihr Mann, der 2004 verstorben ist, immer Zeit gefunden: Jedes Jahr im Oktober wurde die Gastwirtschaft geschlossen und es ging mit dem Auto auf Tour.
Ihren Geburtstag an diesem Montag feiert Hildegard Köhler mit der Familie, zu der neben ihrem Sohn Uwe und den Enkeltöchtern Anja und Britta auch Urenkel Leon gehört. Glückwünsche wird es aber sicher auch noch von ganz vielen Gästen geben.
